PersönlichkeitenProf. Dr. August Bier

Prof. Dr. August Bier - Wegbereiter der Rückenmarkbetäubung und des Stahlhelms

Viele Soldaten im Ersten Weltkrieg verdanken August Bier als Wegbereiter des Stahlhelms ihr Leben. Als Chirurg wagte er als erster die Rückenmarksanästhesie (Narkosetechnik der Lumbalanästhesie), die er zunächst am eigenen Leib erprobt hatte, er war Gründungsrektor der "Deutschen Hochschule für Leibesübungen" in Berlin sowie Förderer einer ökologischen Forstwirtschaft. Auch engagierte er sich früh für die Homöopathie und ebnete mit seiner wohlwollenden Stellungnahme vielen Schulmedizinern den Weg zu dieser Heilmethode.

August Bier, am 24. November 1861 in Helsen/Waldeck geboren, besuchte von 1870 bis 1881 das Landesgymnasium, ebenso wie seine Brüder Ludwig und Julius. Er studierte in Berlin, Leipzig und Kiel Medizin und habilitierte sich mit 28 Jahren mit einer Arbeit über Darmnähte. Nach Stationen in Greifswald und Bonn wurde er 1907 an die Berliner Chirurgische Universitätsklinik berufen, die seinerzeit berühmteste deutsche Klinik für Chirurgie. Der angesehene und einflussreiche Chirurg, Wissenschaftler und Philosoph August Bier (1861 - 1949) war vielseitig begabt und immer für Überraschungen gut. So galt er in Berlin als medizinische Persönlichkeit, seine Vorlesungen platzten aus allen Nähten.

Prof. Dr. August Bier 1938 (2. v. l.) mit seiner Ehefrau (1. v. l.), Schuldirektor Dieterich (3. v. l.) und Frau Baldamus (geb. Bier) zu Besuch in Korbach vor der Landesschule (Foto: Stadtarchiv Korbach)

Der Stahlhelm kam auf Initiative von August Bier zum Einsatz und rettete viele Menschenleben.

Als 1914 der Erste Weltkrieg ausbrach, gehörten zur militärischen Ausrüstung der europäischen Heere Kopfbedeckungen, die keinen echten Schutz vor Granatsplittern und Gewehrkugeln boten. Auf deutscher Seite kam die lederne Pickelhaube zum Einsatz. 1915 regte Prof. Dr. August Bier in seiner Funktion als Marinegeneralarzt, damals beratender Chirurg beim XVIII. Armee-Korps an der Westfront, zur Vermeidung von schweren Hirn- und Schädelverletzungen die Entwicklung eines Stahlschutzhelmes an. Vorausgegangen war ein Gespräch mit Prof. Dr. Schwerd von der Technischen Hochschule Hannover, der ihm versicherte, dass der Einsatz flächendeckend möglich sei.

Prof. Dr. Bier mit der Rektorenkette der Deutschen Hochschule für Leibesübung 1932 (Foto rechts: Deutsche Sporthochschule Köln), Prof. Dr. August Bier als Arzt (Foto links: http://www.waldeckischer-geschichtsverein.de/download/150.Geburtstag.August-Bier.pdf)

Bereits Ende 1915 kamen erste Exemplare zum Einsatz. Seit 1916 ging man zur flächendeckenden Verteilung über. Der Stahlhelm sorgte dafür, dass die Zahl der Kopfverletzungen innerhalb kürzester Zeit sank.

Nach seiner Emeritierung 1932 stand Bier dem Nationalsozialismus sehr nahe. Er war Mitunterzeichner eines Aufrufs zur Wahl Hitlers zum Reichspräsidenten. Außerdem befürwortete Bier schon in Veröffentlichungen der frühen 1920er Jahren sozialdarwinistische Vorstellungen, die während der NS-Herrschaft die Durchführung der Zwangssterilisierung und des Mordes an kranken und behinderten Menschen legitimieren sollten. 1937 erhielt er den mit 100.000 Reichsmark dotierten Deutschen Nationalpreis für Kunst und Wissenschaft ("Ersatz" für den Nobelpreis im Sinnen der NS-Propaganda). Hitler ernannte ihn 1942 zum außerordentlichen Mitglied des wissenschaftlichen Senats des Heeressanitätswesens. Am Ende seines Lebens war er nicht nur Ehrenmitglied in 15 wissenschaftlichen Gesellschaften, ihm waren auch im Laufe der Jahre fünf Ehrendoktortitel überreicht worden.

Die Stadt ehrte ihren berühmten Sohn auf zweifache Weise. Aus Anlass des 350-jährigen Bestehens der Landesschule benannte sie 1929 eine Straße nach ihm und 1937 verlieh sie ihm die Ehrenbürgerwürde. Er starb am 12. März 1949 im Alter von 88 Jahren in Sauen (Brandenburg).

Geheimrat Prof. Dr. August Bier (3. am Tisch v. l.) bei einer Feier im Kreise des Gesangsvereins "Concordia" nach Einweihung einer Gedenktafel an seinem Geburtshaus 1937 (Foto: Ehemaligenverein)

© Dr. Marion Lilienthal

Auszug aus:

Lilienthal, Marion, Die Alte Landesschule in Korbach. Ein Kaleidoskop aus fünf Jahrhunderten (1579 - 1962),
Band 1, Seiten 129-131.

Quellen:

SchA ALS, Matrikelverzeichnis.

Völcker-Janssen, Wilhelm, August Bier - Zwischen den Parteien, in: August Bier (1861 - 1949). Beitra?ge des Festakts und des Symposiums anla?sslich des 150. Geburtstages von August Bier am 24. und 25.11.2011 sowie Texte der Ausstellung "August Bier (1861 - 1949): Arzt - O?kologe - Philosoph" im Wolfgang-Bonhage-Museum Korbach, hrsg. von Wilhelm Völcker-Janssen im Auftrag der Kreisstadt Korbach und des Waldeckischen Geschichtsvereins (=Museumshefte Waldeck-Frankenberg 28), Korbach 2012, S. 56-68.

Witzel, Dr. Peter, Gedenken an Prof. Dr. August Bier, unter: http://www.waldeckischer-geschichtsverein.de/download/150.Geburtstag.August-Bier.pdf.