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St. Kilianskirche

Die gotische Kilianskirche befindet sich genau in der Mitte der Korbacher Altstadt. Sie wurde nach dem Heiligen Kilian, einem irischen Missionar des Frankenreichs und erstem Bischof von Würzburg (7. Jahrhundert) benannt. Korbach gehörte für kurze Zeit zum Bistum Würzburg. Vor der Errichtung der Kilianskirche befand sich an dieser Stelle eine kleinere romanische Kirche.

St. Kilianskirche

Mit dem Bau der Kilianskirche begann man 1335, eingeweiht wurde sie 1450. Zuerst entstand der Chorraum, dann der Turm und später das Mittelschiff. In früherer Zeit war die Kilianskirche ein katho- lisches Gotteshaus, erkenn- bar an den vielen Marien- statuen. Heute kann man eine Mischung aus katholischen und evangelischen Einflüssen wahrnehmen.

 

Vor dem Südportal befand sich früher der Markt der Korbacher Altstadt, daher ist das Südportal besonders prunkvoll verziert. In der Mitte zu erkennen sind Jesus Christus und das Jüngste Gericht, wie auch seine Jünger, oben rechts und links stehen mannshohe Statuen, links erkennbar der Hl. Kilian, der ein Modell der Kirche in der Hand hält. Das Südportal entstand vermutlich um 1420. Der Bildhauer ist leider unbekannt.

St. Kilianskirche

Eine andere Sehenswürdigkeit ist das Grabmal des Johan von Wolmerckhusen. In der Kilianskirche befinden sich im vorderen Bereich auch Statuen der Heiligen drei Könige und eine gotische Marienstatue. Diese wurden um 1420/30 erschaffen. Leider ist auch hier der Künstler unbekannt. Es wird vermutet, dass es sich um den gleichen Bildhauer handelt, der das Bildwerk des Diakons im vorderen Altarraum entworfen hat.

Der heilige Kilian, Nische am Südportal der Kilianskirche

 

Im Altarraum befindet sich als Mittelpunkt ein prunkvoller, figurenreich und farbenfroh gestalteter Altar. Er wurde 1527 von einem Franziskanermönch aus Korbach fertig gestellt. Der Altar stellt den Leidensweg Jesu dar, im hinteren Teil sind seine Jünger abgebildet. Graf Philipp III. von Waldeck und seine Gemahlin Anna von Cleve, die das Altarbild stifteten, sind kniend unter dem Kreuz Jesu dargestellt. St. Kilianskirche

Eine weitere Augenweide ist das Sakramentshäuschen neben dem Altar. Es ist ca. 15 Meter hoch und besteht aus Kalkstein. Bernd und Johan Bunekeman aus Münster sind die Erbauer.

Das wohl auffälligste Merkmal ist der fünfundsiebzig Meter hohe Turm der Kilianskirche. Er trug bis 1685 einen gotischen Spitzhelm und war ursprünglich höher. Nach mehrfachen Blitzeinschlägen entschloss man sich für eine flachere Turmform, die „welsche Haube“. Dennoch brannte der Turm 1713 abermals aus, die „Welsche Haube“ wurde erneuert. Zu bestimmten Zeiten steht der Turm für Besucher offen. Hier offenbart sich ein herrlicher und atemberaubender Blick über ganz Korbach. Diesen sollte man sich auf keinen Fall entgehen lassen!

© Sarah Herrmann/ Dr. M. Lilienthal


Vom Lache- und Heulemännchen

Die Kilianskirche ist das Wahrzeichen der Hansestadt Korbach. Sie wurde zwischen 1335 und 1450 erbaut. Natürlich fragen sich viele, warum der Bau fast 115 Jahre gedauert hat. Doch damals hatten die Korbacher nicht genug Geld, da sie zeitgleich noch die Nikolaikirche (1359-1450) errichteten.

Heulemännchen

Das sieht man sogar heute noch. Dort, wo der Chor und das Kirchenschiff aufeinandertreffen, erkennt man unterschiedliche Bauphasen. Der eine Bauabschnitt zeigt hellere, der anderer dunklere Steine. Ausdruck dieser Zeitverzögerung sind auch die im Korbacher Volksmund als Heule- und Lachemännchen bekannten Figuren am Dachgesims der Außenseite zwischen Chor und Hauptschiff.

Denn als den Korbachern beim Bau der Kilianskirche das Geld ausging, brachten sie als Ausdruck ihrer Trauer ein Heulemännchen an, das sich mit der Hand die Tränen aus dem Gesicht reibt. Als der Geldsegen wieder floss, brachten sie ein Lachemännchen an.

 
Lachmännchen

Rings um die Kilianskirche herum befinden sich darüber hinaus etliche merkwürdig anmutende Fabelwesen, die sicherlich früher so manchen Menschen das Fürchten lehrten. Sie dienten vor der Erfindung der Dachrinne dazu, herabfließendes Wasser durch die Mundöffnung der Fabelwesen möglichst weit von der Wand abzuleiten, um Mauerwerk und Gebälk trocken zu halten. Der angsteinflößende Anblick war beabsichtigt, hatte er doch die Funktion, Böses von der Kirche abzuhalten. Bei näherer Betrachtung entdeckt man Tiere, Ungeheuer, einen Mönch, eine Nonne oder einen Teufel, der eine verdammte, unbekleidete Frau verschleppt.

 

Einen schönen Brauch stellt das Christkindwiegen auf dem Turm der Kilianskirche dar, das jedes Jahr am 24. Dezember begangen wird. Bereits 1543 wurde das Christkindwiegen in Korbach erwähnt. Junge Burschen und Männer gehen auf den Turm, schwingen Papierlaternen und singen dazu.

Eine Legende besagt, dass früher in Korbach eine schreckliche Seuche herrschte, an der viele Korbacher starben. Da das Hospital längst überfüllt war, wurden Kranke auch in der Kilianskirche untergebracht. An einen Gottesdienst, gar ein Weihnachtsfest, war bei all den Kranken und Siechen nicht zu denken. Nun stand das Weihnachtsfest bevor und man sann darüber nach, wie man das Christkind ehren und ihm ein Bett (eine Wiege) bereiten könne, gerade jetzt, da man göttlichen Beistand am Nötigsten brauchte. Ein junger Korbacher hatte eine Eingebung. Wenn sie schon die Weihnachtsmesse nicht in der Kirche abhalten könnten, so könnten sie doch das Christkind einfach auf dem Turm ehren. So bestiegen am Weihnachtsabend junge Burschen und Männer mit Laternen und Fackeln den Turm, schwangen diese auf und nieder, wie eine Wiege und priesen mit ihrem Gesang Gott.

Es heißt, dass nach dem Weihnachtsabend kein Korbacher mehr erkrankte oder starb. Die Menschen versprachen von nun an, jedes Jahr dem Christkind auf dem Kiliansturm ein feierliches Wiegenfest zu bereiten. Wie und wann der Brauch entstanden ist, weiß man heute nicht mehr. In früheren Zeiten gab es allerdings in viele Kirchen das Christkindwiegen (ähnliche Bräuche u.a. in Bad Wildungen). Das Christkindwiegen blieb bis heute erhalten.

© Nina Juppe/ M. Möller


Literatur:

Hans Osterhold: Meine Stadt. Korbacher Bauten erzählen Stadtgeschichte, hrsg. vom Magistrat der Kreisstadt Korbach, 3. Aufl., Korbach 2004.

Ein Rundgang durch die alte Stadt, bearb. von Ursula Wolkers, hrsg. vom Wilhelm Bing Verlag und Magistrat der Stadt Korbach mit Förderung der Sparkassenstiftung Waldeck-Frankenberg, Korbach 1999.

Marie-Luise Lindenlaub: Korbach steckt voller Geschichte(n). Reiseführer in die Vergangenheit einer Stadt, Korbach 2008.

Wilhelm Hellwig (Hrsg.): Sagen und Geschichten aus Korbach und Umgebung, 4. Aufl., Korbach 1999.